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Reifen wechsel dich! Alles rund um Reifenwechsel, Sommer- und Winterreifen
Der Sommer neigt sich langsam, aber sicher dem Ende entgegen und damit steht bald wieder ein wichtiger Termin für alle Autofahrer an: der Reifenwechsel! Damit Sie und Ihr Auto für die kalte Jahreszeit gewappnet sind, sprechen wir in diesem Blogartikel über das Thema Reifenwechsel. Warum wechseln wir überhaupt Reifen? Was ist beim Reifenwechsel zu beachten? Und was bedeuten eigentlich die Zahlen und Buchstaben auf den Reifen? Wir erklären es Ihnen!
Mehr als nur Gummi – Darum sind gute Autoreifen wichtig
Autos wiegen im Durchschnitt etwa 1,4 Tonnen. Die Tendenz ist weiter steigend, so beträgt das Durchschnittsgewicht der neu zugelassenen Fahrzeuge aktuell etwa 2,2 Tonnen. Dieses Gewicht wird an nur vier Punkten auf die Straße gebracht, und zwar durch die vier Reifen, die jeweils eine Auflagefläche – den sogenannten Latsch – von etwa 200 Quadratzentimetern aufweisen. Abhängig ist diese Fläche von der Fahrzeuglast, dem Reifendruck sowie der Reifengröße. Sowohl die Beschleunigung als auch das Bremsen läuft über die Reifen; und das bei jedem Wetter und jeder Strecke. In punkto Sicherheit sind Reifen daher ein absolutes Schwergewicht und in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Höchste Zeit, dass wir diesen Hidden Champions die Aufmerksamkeit schenken, die ihnen gebührt. Denn sind wir mal ehrlich: Über das Jahr verschwenden wir wohl kaum einen Gedanken an die Reifen unserer Fahrzeuge. Sie sollen ihren Dienst tun und das möglichst pannenfrei. Nur zweimal im Jahr denken wir an diese wichtigen, doch selten beachteten Fahrzeugteile, und zwar dann, wenn es wieder Zeit für einen Reifenwechsel wird. Die altbekannte Faustregel „O bis O“ erinnert uns daran, um Ostern herum bzw. im Oktober die Reifen zu wechseln. Aber warum ist ein Wechsel von Sommer- auf Winterreifen überhaupt notwendig?
Der Unterschied zwischen Sommer- und Winterreifen
Sommer- und Winterreifen sind optimal auf die jeweilige Jahreszeit und Wetterlage abgestimmt. Zum einen unterscheiden sich beide Typen durch ihre unterschiedliche Materialmischung. Der Winterreifen weist eine höhere Kautschukmenge auf, um auch bei deutlichen Minusgraden ausreichend flexibel zu bleiben und für die nötige Straßenhaftung zu sorgen. Bei wärmeren Temperaturen wäre diese Mischung fatal. Die Hitze würde das Gummi des Winterreifens weich werden lassen, die Profilblöcke könnten die Last nicht mehr vernünftig verteilen und der Reifen würde insgesamt zu nachgiebig werden. Auswirkungen hat das auch auf den Bremsweg: Der ADAC hat mit einer Testreihe bewiesen, dass sich der Bremsweg bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 100 km/h um bis zu 16 Meter verlängert, wenn Winterreifen bei warmen Außentemperaturen gefahren werden. Weniger gefährlich, aber sehr ärgerlich für das Portemonnaie ist der vergleichsweise hohe Kraftstoffverbrauch, der sich aus dem erhöhten Rollwiderstand der Winterreifen bei warmen Temperaturen ergibt. Der hohe Rollwiderstand hat wiederum zur Folge, dass sich der Reifen schneller abnutzt und früher ersetzt werden muss. Wegen ihrer speziellen Gummimischung machen heiße Temperaturen den Sommerreifen hingegen nichts aus. Selbst bei sommerlicher Hitze bleiben sie steif genug, um für ausreichend Grip zu sorgen. Im Winter wäre diese Steifigkeit problematisch, da der Reifen zu hart für eisige Straßen wäre und keinen Grip hätte. Zudem können Sommerreifen aufgrund ihres Profildesigns große Wassermassen wie bei sommerlichen Regengüssen verdrängen und Aquaplaning verhindern. Das Profil der Winterreifen hingegen bietet durch seine Wabenstruktur ausreichend Bodenhaftung bei Schnee und Eis.
Gibt es eine Winterreifenpflicht?
Tatsächlich gibt es in Deutschland keine generelle Winterreifenpflicht für einen bestimmten Zeitraum. Stattdessen hat der Gesetzgeber eine situative Winterreifenpflicht beschlossen. Das bedeutet, dass bei Eis, Schnee und ähnlichen Witterungsbedingungen nur mit Winterreifen gefahren werden darf. Kommt man dem nicht nach, werden 60 bis 80 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg fällig. Die Regulierung von Unfällen, die auf die falschen Reifen zur falschen Jahreszeit zurückzuführen sind, übernehmen die Versicherungen nicht.
Die goldene Mitte? Wie gut sind Allwetterreifen?
Ein Satz Reifen ist nicht gerade günstig, um so ärgerlicher, dass zwei verschiedene benötigt werden. Um Kosten zu sparen, greifen manche Autofahrer auf Ganzjahresreifen, auch als Allwetterreifen bezeichnet, zurück. Diese Reifen sehen sie als goldene Mitte, die das Beste aus zwei Welten vereint. Kann das gut gehen? Zunächst die Vorteile: Abgesehen von den reduzierten Kosten, reichen Ganzjahresreifen für mäßige Wetterverhältnisse, wie sie in Deutschland für gewöhnlich herrschen, vollkommen aus. Die Anforderungen für den Winter erfüllen sie, wenn sie das Alpine-Symbol (Schneeflocke) oder „M+S“ (Matsch und Schnee, aber nur noch bis zum 30. September 2024 zulässig) tragen. Durch ihre charakteristische Gummimischung sind sie weniger temperaturanfällig als Sommer- oder Winterreifen, solange es nicht zu extremen Temperaturen kommt. Und damit wären wir bei den Nachteilen: Bei Hitzewellen im Sommer und deutlichen Minusgraden im Winter können Ganzjahresreifen mit ihren saisonalen Pendants nicht mithalten und bergen Sicherheitsrisiken wie einen längeren Bremsweg oder weniger Grip. Zudem verschleißen sie schneller und müssen häufiger ausgetauscht werden als Sommer- oder Winterreifen. Inwiefern die zunächst günstiger erscheinende Anschaffung deshalb tatsächlich überwiegt, bleibt offen. Für Urlauber ist außerdem wichtig zu wissen, dass manche Länder keine Ganzjahresreifen während der Winterzeit zulassen und eine generelle Winterreifenpflicht erlassen haben.
Was bedeuten die Buchstaben und Zahlen auf den Reifen?
Sind die Reifenprofile zu gering oder die Reifen beschädigt, wird es Zeit für neue Reifen. Doch welche Reifen sind die richtigen? Auskunft darüber gibt in erster Linie der Fahrzeugschein. Darin sind die Informationen zu den benötigten Reifen unter den Zeilen 15.1 und 15.2 zu finden: Reifenbreite, Höhe-Breite-Verhältnis und Reifendurchmesser. Auch auf den Reifen finden sich verschiedene Codes, die sich auf ihre Spezifikationen beziehen. In unserem Beispiel weist der Reifen u.a. die folgende Beschriftung auf: 205/60 R16 92H.
Die „205“ steht für die Reifenbreite in Millimetern, die „60“ wiederum gibt das Höhe-Breite-Verhältnis in Prozent an. Mit dem „R“ wird die Reifenbauart, hier Radial, angegeben. Die „16“ weist den Felgendurchmesser aus. Etwas umständlicher sind der Traglastindex (hier „92“) und der Geschwindigkeitsindex (hier „H“). Die angegebenen Zahlen bzw. Buchstaben müssen anhand einer Tabelle entschlüsselt werden. Die „92“ steht beispielsweise für eine maximale Tragfähigkeit von 630 Kilogramm pro Reifen. Das „H“ lässt sich ebenfalls anhand einer Tabelle bestimmen: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit dieser Klasse liegt bei 210 km/h. Aber wir können Sie beruhigen: Diese Werte müssen Sie nicht auswendig können. In der Regel bieten die gängigen Onlineshops Konfigurationsmasken, in die Sie die Werte aus dem Fahrzeugschein eintragen, und schon sehen Sie die passenden Modelle. In den Werkstätten vor Ort wird Ihnen ebenfalls schnell weitergeholfen. Neben diesen Größen- und Sicherheitsangaben findet sich noch die vierstellige, sogenannte DOT-Nummer auf den Reifen, die Ihnen anzeigt, wie alt der Reifen ist. Die vier Ziffern stehen für die Kalenderwoche sowie das Jahr. Ein Beispiel: Findet sich auf dem Reifen die DOT-Nummer „3520“, wurde der Reifen in der 35. Kalenderwoche im Jahr 2020 hergestellt.
Der Reifenwechsel: Auf diese Dinge müssen Sie achten
Es ist Samstagvormittag, das Wetter zeigt sich von der besten Seite und Sie haben keine Termine. Was kann es da Schöneres geben, als die Reifen zu wechseln? Vollauf motiviert, von diesem Blog inspiriert und mit Wagenheber und Drehmomentschlüssel ausgerüstet legen Sie los. Also alte Reifen runter, neue Reifen drauf oder wie war das noch gleich? Ganz so einfach ist es dann doch nicht, zumindest gibt es ein paar Dinge, die Sie beachten sollten. Bevor Sie Ihre Reifen wechseln, sollten Sie u.a. schauen, ob deren Profiltiefe noch ausreichend ist. Laut Straßenverkehrsordnung müssen Reifen eine Profiltiefe von mindestens 1,6 Millimetern aufweisen, mehr als 4 Millimeter sind empfohlen. Bei der Montage sollte man die Reifen zwischen den Achsen wechseln. Zum Beispiel den Reifen, der im vergangenen Jahr auf der Vorderachse links montiert war, nun auf der Hinterachse links montieren. Dieser Achswechsel soll die gleichmäßige Abnutzung der Reifen sicherstellen. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass die Reifen mit der größten Profiltiefe auf der Hinterachse montiert werden müssen. D.h., dass man gegebenenfalls auf den Wechsel zwischen den Achsen verzichten sollte. Hat man die Reifen gewechselt, sollte man direkt zur Tankstelle fahren, um den Reifendruck zu überprüfen. Anschließend kann bei indirekt messenden Systemen der neue Luftdruck im System aktualisiert werden. Nach etwa 50 Kilometern sollten Autofahrer abermals den Luftdruck prüfen und die Schrauben nachziehen.
So lagern Sie Reifen richtig ein
Vor der Einlagerung sollten auch die abgenommenen Reifen auf etwaige Schäden überprüft werden. Mangelhafte Reifen können gegen eine geringe Gebühr bei Autowerkstätten oder Entsorgungszentren abgegeben werden. Die einzulagernden Reifen sollten gesäubert und markiert werden (vorne links, vorne rechts usw.). Dies können Sie mit Kreide oder aber speziellen Ventilkappen machen, auf denen die Kürzel „VR“, „VL“ usw. stehen. Am besten lagern Sie die Reifen waagerecht ein, beispielsweise mittels eines Felgenbaums. So kommt es nicht zu Verformungen am Reifen. Komfortabler ist die Einlagerung beim Fachmann. Die meisten Werkstätte bieten diesen Service inklusive Montage und Wuchten der Reifen an. Die Kosten hierfür halten sich in Grenzen, Sie sparen Platz in der Garage und die Montage übernehmen Profis, die den Zustand der Reifen am besten einschätzen können.
Smart – umweltschonend – ohne Luft: Die Reifen der Zukunft
Wie alle anderen Bereiche der Automobilität unterliegen Autoreifen einer steten Optimierung und Weiterentwicklung. Große Themen wie Künstliche Intelligenz, Smarte Technik und Umweltschutz sind auch in dieser Sparte treibende Kräfte für Innovationen. Goodyear hat beispielsweise ein Projekt angestoßen, das einen smarten Reifen entwickeln soll. Herausgekommen ist das Konzept „Eagle 360“, ein kugelrunder Reifen, der sich über Sensoren ein Bild von der Fahrbahn verschafft und seine Oberfläche entsprechend anpasst. Ob der „Eagle 360“ jemals zum Einsatz auf öffentlichen Straßen kommt, bleibt abzuwarten. Weiter ist da Michelin mit dem Projektreifen „Uptis“, der bereits 2024 zur Serienreife gelangen soll und bereits einige Testfahrten hinter sich hat. Dabei handelt es sich um einen umweltfreundlichen, weil kompostierbaren Reifen, der gänzlich ohne Luft auskommt und im 3D-Druckverfahren hergestellt werden kann. Reifen und Felge bilden eine Einheit und ähneln Lamellen, die Stöße abdämpfen können. Durch seine Konstruktion ohne Luft soll er quasi pannenfrei sein, womit er die empfindlichste Schwachstelle aller herkömmlichen Autoreifen überwinden würde.
Fazit
Auch wenn es manchmal lästig erscheinen mag, das Wechseln der Autoreifen gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Fahrzeughalters. Versäumnisse ziehen nicht nur Bußgelder nach sich, sondern bergen ein hohes Sicherheitsrisiko. Reifen sind unser einziger direkter Kontakt zur Straße und sollten daher immer im besten Zustand und passend zur jeweiligen Jahreszeit sein. Also legen Sie sich schon einmal den Wagenheber zurecht, denn in wenigen Wochen beginnt der Oktober und dann heißt es wieder: Reifen wechseln!